Bürgerinitiative Wohlbach

Dienstag, 26. Oktober 2010

Hähnchenmastanlage: Gemeinderat Ahorn befasst sich heute mit dem Projekt

VonWolfgang Braunschmidt aus der Zeitung Neue Presse Coburg  vom 26.10.2010



Wohlbach – Bis zu 39 145 Hühner sollen es sein, die künftig in einem Stall bei Wohlbach, einem Ortsteil der Gemeinde Ahorn, zur Schlachtreife
herangezogen werden. Vergleichbar ist der landwirtschaftliche Betrieb, der bislang nur auf dem
Reißbrett existiert, mit der Haltung von 300 Mastschweinen einschließlich Ferkeln oder 48 Kühen, heißt es aus dem Amt für Landwirtschaft in Coburg. Ein Hof dieser Größenordnung
sei im Coburger Land durchaus üblich, so die Behörde. Und weil es
sich um einen landwirtschaftlichen Betrieb handelt, der mehr als 50 Prozent
des notwendigen Futters selbst erzeugt und im Außenbereich liege,
gilt das Projekt als „privilegiert“. Trotzdem gibt es massiven Widerstand
gegen den Stallneubau. Der Gemeinderat hat sein „Einvernehmen“
versagt. Die heute bestehende Zufahrt zum künftigen Gebäude sei
den Belastungen des zu erwartenden Lkw-Verkehrs nicht gewachsen. Die
Kommune will den Ausbau aus ihren Steuermitteln nicht finanzieren. Die
Erschließung, heißt es aus dem Rathaus, müsse der künftige Betreiber
selbst bezahlen, was dieser bislang jedoch ablehnt. Auch die „Immissionen“
– Lärm, Geruch, An- und Abfahrten von Lastwagen meist in der
Nacht sowie die Mistlagerung in einer ehemaligen Maschinenhalle am
Ortsrand – sind ein entscheidender Grund dafür, dass sich der Gemeinderat
gegen den Stallneubau stellt. Ein Güteangebot, sein Projekt weiter
entfernt von Wohlbach in freier Flur zu verwirklichen und damit
seine wirtschaftliche Existenz dauerhaft zu sichern, lehnt der Landwirt
kategorisch ab. Er hält am Bauplatz am Ortsrand fest und präsentiert
dem Gemeinderat heute Abend einen neuen Vorschlag zur Erschließung
des von ihm gewollten Baugrundstücks. Nicht nur der Gemeinderat ist gegen
den Hühnerstall. Auch eine Bürgerinitiative kämpft seit Monaten
dagegen. Es gab rund 570 Einsprüche, obwohl Wohlbach nur etwas
mehr als 300 Einwohner zählt. Auch die Eigentümer von Schloss Hohenstein,
einem beliebten Ort für Hochzeiten, sind auf der Seite der Gegner.
„Kein Brautpaar würde es je vergessen, wenn es an seinem Hochzeitstag
Gestank gegeben hätte“, heißt es im „Protokoll über den Erörterungstermin“
zur „Errichtung einer Mastgeflügelanlage für insgesamt 39 145
Masthähnchenplätze“ in der Gemarkung Wohlbach. Dieser fand am 31.
Mai dieses Jahres in der Mehrzweckhalle in Ahorn statt. Dabei wurde das
Für und das Wider ausgetauscht. Ergebnis:
Befürworter und Gegner der Anlage stehen sich unversöhnlich
gegenüber – bis heute. Während der Bauherr beim Gemeinderat
mit einer neuen Variante für den Straßenbau zum geplanten
Stall vorstellig wird, hat die Bürgerinitiative
Dr. Ulrich Esser, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger
bei der Landwirtschaftskammer Westfalen-Lippe, beauftragt,
ein Gutachten zu überprüfen, das das in Fürstenfeldbruck beheimatete
Ingenieurbüro Koch für den Landwirt angefertigt hat. Während
Koch die Zulässigkeit des Bauvorhabens
und dessen Unschädlichkeit für Wohlbach und seine Einwohner feststellt,
kommt Esser zu einem anderen Ergebnis. Kernpunkt der Kritik:
Beim Gutachten pro Hühnermastanlage wurden zu niedrigeWerte für die
Berechnung der zu erwartenden Belastungen zugrunde gelegt. „Warum
der Gutachter in seinem Immissionsschutz- Gutachten zum Genehmigungsantrag
mit einer deutlich geringeren Einzeltiermasse von
0,00126 Großvieheinheiten pro Tier (GV/T) operiert, ist dem Unterzeichner
nicht nachvollziehbar“, schreibtUlrich Esser.
Für die inWohlbach geplante Normalmast bis zu einem Gewicht von
1600 Gramm pro Hühnchen sei mit einer Einzeltiermasse von 0,0016
GV/T zu rechnen und nicht nur mit 0,00126. Der auf den ersten Blick
minimale Unterschied hat gewaltige Auswirkungen: auf die Geruchsentwicklung
und auf die Mistmenge, die entscheidend ist für die Zahl der
Lkw-Fahrten zur geplanten Anlage. Des Weiteren seien für die Immissionsprognose
Daten derWetterstation Sonneberg-Neufang verwendet
worden und nicht die der Coburge Kläranlage, die wesentlich näher bei
Wohlbach liegt. Diese Messstation
gebe die Windrichtungsverteilung für die geplante Hühnermastanlage
in dem Ahorner Gemeindeteil „aufgrund der räumlichen Lage und der
Orientierung der Höhenzüge un dTalverläufe wesentlich besser wieder
als die in mehr als 600 Meter Höhe gelegene, circa 27 Kilometer entfernte
Station Sonneberg-Neufang“, so Gutachter Esser. Er hat deshalb eine
Neuberechnung durchgeführt. Ergebnis:
Emissionen des geplanten Stalls wurden „teilweise unterschätzt“,
Parameter für die Immissionsberechnungen der Anlage „nicht
immer korrekt gesetzt“. Das Landratsamt Coburg prüft gegenwärtig
die Zulässigkeit des Vorhabens und muss am Ende eine Entscheidung
treffen. Es hat jetzt das Bayerische Landesamt für Umwelt
eingeschaltet.
Auch im Landkreis Lichtenfels gibt es Proteste gegen einen Hühnermastbetrieb,
mit 39 000 Masthähnchen der derzeit größte in Oberfranken. Bürger in der
60-Einwohner-Ortschaft Messenfeld bei Ebensfeld fürchten Geruchsbelästigung
und gesundheitliche Schäden. Dagegen betont der Bürgermeister des Marktes
Ebensfeld, Bernhard Storath (CSU), der Bau und der Betrieb der Anlage seien mit
strengen Auflagen verbunden.


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